Identität und Differenz – Ockeghems Missa Cuiusvis toni
Die Messe “Cuiusvis toni” (in welcher Tonart Du willst” suggeriert, man könne sie in allen damals gängigen Kirchentonarten singen. Nun stellt sich aber beim Singen heraus, dass man aufgrund der damaligen Kontrapunktregeln in zwei Versionen, dem Dorischen und dem Lydischen, jeweils zwei B benötigt. Damit sind diese wiederum identisch mit der Phrygischen und der Mixolydischen Version. Es gibt also “in Wirklichkeit” nur zwei Versionen. Diese sind für moderne Ohren ähnlich unserem Dur und Moll. Das Singen des identischen Notentextes führt zu letztlich zwei Versionen, die total different erscheinen. Ideell gibt es ein Werk, real gesungen zwei Versionen. Das “Werk” schwebt gewissermaßen in diesem Spannungfeld.
Deshalb habe ich der Messe die Chanson “Presque trainsi” vorangestellt, die den Limbo-Zustand zwischen Tod und Leben, das Unfassliche, besingt.
In der Aufführung werden die zwei Versionen miteinander verschränkt und nach dem Prinzip des Slow Listening Auszüge vorangestellt, die die Differenz klar herausstellen.
Die Aufführung fand statt am 27. September 2025 im Rahmen der Konzerte zum 80. Geburtstag von Gerd de Vries, der zugleich dieses Konzert ermöglichte.
Es sang das Ensemble L’Ultima parola:
Axelle Bernage
Bernd Oliver Fröhlich (Leitung)
Jan Petryka
Guillaume Olry
Hier die Einführung zum Konzert:
Das Konzert:
Aufsatz zur Messe:
